3. Kritische Punkte

Ein Sprichwort sagt, der Teufel steckt im Detail. Sehen wir uns also das neue Zonenreglement etwas genauer an, das man uns zur Mitwirkung vorgelegt hat:

1. Stockwerk-Bonus

Neu soll es einen Stockwerk-Bonus von einem Vollgeschoss geben für Flachdachbauten in den Zonen W2a (zweigeschossig), W3 (dreigeschossig) und in der Zentrumszone.

Zitat:
„Ein Bonus auf der maximalen Geschosszahl (plus 1 Geschoss) und somit auf der maximalen Fassadenhöhe / maximalen Gesamthöhe ist ausschliesslich bei Flachdachbauten in den Wohnzonen, 2-geschossig W2a und 3-geschossig W3 sowie in der Zentrumszone ZZ zulässig. In allen nicht genannten Bauzonen ist ein Bonus auf der maximalen Geschosszahl nicht zulässig.“
(Quelle: Vorliegendes, neues Zonenreglement § 4, Abs. 4)

Frage: Was soll diese „maximale Gesamthöhe“ in diesem Satz? Entweder oder!

Durch einen solchen Stockwerk-Bonus würde aus 2-geschossig kurzerhand 3-geschossig (mit 12 Metern Maximalhöhe) und bei Häusern mit Giebeldach wären ganze 4 Stockwerke möglich (2 Vollgeschosse plus 2 Dachgeschosse).

Zwei Beispiele für das neue W2, sogenannt 2-geschossig (Skizzen ohne Gewähr)

Die Maximalhöhen für vierschiedene Zonen sind zu hoch. Beispiel Zone W3: Mit den geplanten 18 Metern würden bei Flachdachbauten aus 3 Geschossen faktisch 4 Geschosse! Bei Gebäuden mit Giebeldach wären sogar bis 6 Geschosse möglich (3 zählende Vollgeschosse plus 3 Dachgeschosse)!

Zwei Beispiele für das neue W3, sogenannt 3-geschossig (Skizzen ohne Gewähr)

2. Überbauungsziffer statt Ausnützungsziffer

Bei der Ausnützungsziffer (AZ) wurden bislang die Flächen verschiedener Geschosse im Verhältnis zur Grundstücksfläche berechnet. Bei der neuen Überbauungsziffer (ÜZ) wird, vereinfacht gesagt, nur die Fläche des Fussabdrucks (Grundfläche) im Verhältnis zur Grundstücksfläche betrachtet.
Die neu geplante Überbauungsziffer (ÜZ) ist mit 30% sehr hoch angesetzt, da Boni von bis zu 20% möglich wären. Dies würde zu Bauten mit massiv mehr Volumen führen. Damit könnte ein Grundstück zu 50% überbaut werden. Bei 3 Geschossen entspräche dies einer Ausnützungsziffer von 1,5 – verglichen mit den heutig gültigen 0,4 (bei Mehrfamilienhäusern maximal 0,5) ist dies eine enorme Steigerung.

3. Grünflächenziffer

Die Grünflächenziffer, die in den Wohnzonen bei 40% liegt, kann auf 20% reduziert werden. So ist wohl der Inhalt von § 6 des Zonenreglements zu verstehen.
Ausserdem ist nicht mehr ausgeschlossen, dass künstlich abgedichtete Flächen, mit und ohne mögliche Infiltration, als Abstellplätze genutzt werden.
Auch ist nicht mehr festgehalten, dass Grünflächen über Unterniveaubauten (z. B. Keller, Tiefgaragen) auch als solche nutzbar sein müssen.

4. Holderacker/ Mühlefeld

Der Fussballplatz Mühlefeld wurde im Leitbild 2014 als Freihaltezone bestimmt und soll nun überbaut werden. Der Platz soll umgezont werden in W3 für Wohnüberbauungen. Höhen bis 18 Meter, was 6 Geschossen entspricht. So könnte dort eine Grossüberbauung entstehen.

Mitten zwischen Einfamilienhäusern sollen 7 Wohnblöcke realisiert werden, 6 davon ausschliesslich mit Aussenparkplätzen. (Aufzonung in W3)

Zusätzlich würde die klassische Einfamilienhauszone von W2b in W2a umgezont (Mehrfamilienhäuser möglich).

5. Leerwohnungen

Der Kanton Solothurn hat den höchsten Leerwohnungsstand der Schweiz.

Laut Statistikportal des Kantons SO hatte Balsthal Ende 2019 ganze 84 Leerwohnungen, was 2,79 Prozent entspricht. (Dies ist nur der erfasste, dauerhafte Leerstand.) In der Zwischenzeit wurden in Balsthal viele neue Wohnungen und Häuser gebaut. Weiteres befindet sich in Planung.

Die Schweiz erlebte allein im ersten Halbjahr 2020 eine weitere Steigerung der Leerstände um ganze 4,6%!

6. Verkehrsproblematik

Das Verkehrsaufkommen auf den Strassen hat bisher stetig zugenommen. Es sind zwar tolle Ideen und Projekte entstanden, wie HitchHiking, E-Mobility, Walk/ Bike to School, um nur einige zu nennen. Allerdings braucht es Zeit, diese Projekte auszubauen, so dass sie grossflächig Akzeptanz finden. Es braucht Zeit zum Umdenken und um eine generelle Mobilitäsveränderung herbeizuführen.

Die ohnehin teils schwierige Verkehrslage wird durch den massiven Wohnungsbau weiter verschärft werden – was auch mit Blick auf die Umweltbelastung nicht zu vernachlässigen ist. Veränderungen in der Arbeitswelt und im Mobilitätsverhalten, wie Home-Office und E-Mobility stehen noch am Anfgang. Sie werden erst bei der nächsten Gesamtrevision, Zeithorizont 15 Jahre plus, voll zum Zuge kommen.

Bei einem derartig forcierten Wachstum von Balsthal und der, in kurzer Zeit (innerhalb dieser einen Ortsplanungsrevision) geplanten, enormen Verdichtungsmöglichkeit bleiben Verkehrsproblematik und damit auch Siedlungsqualität auf der Strecke. Der Raumplanungsbericht macht so gut wie keine Aussagen dazu – die Abstimmung von Siedlung und Verkehr ist nicht ersichtlich.

Verkehrszunahme Balsthal Süd:

Durch die Verbindung der Sagmattstrasse mit der Mühlefeldstrasse würde eine Art Südumfahrung entstehen (bis zum Tela-Areal und darum herum). Die südlichen Wohnquartiere würden dadurch eine unverhältnismässig hohe Verkehrsbelastung erfahren, PWs und LKWs, denn das Tela-Areal soll für 400 Personen Wohnraum bieten und zusätzlich soll Gewerbe angesiedelt werden.

Daher: Erschliessung des Tela-Areals über die Kantonsstrasse via Holzmühleweg und interne Erschliessungsstrasse. Nicht durch die südlichen Wohnquartiere via Mühlefeldstrasse-Sagmattstrasse.

Verkehrszunahme Moos :

Das neue Zonenreglement will in der Zone RAZ (Regionale Arbeitszone RAZ) Industriebetriebe zulassen, welche täglich bis 400 LKWs und/ oder 1500 PWs bringen.

Mehrwertabgaben

Nach Abschluss dieser Ortsplanungsrevision: Die Mehrwertabgabe (Ausgleichsabgabe)

Teil der jetzigen Ortplanungsrevision sind raumplanerische Massnahmen, wozu u. a. Umzonungen und Aufzonungen gehören. Wenn also nun Grundstücke anderen Zonen zugewiesen werden, die einen höheren Bodenwert erhalten, so bedeutet das, dass eine Abgabepflicht auf dem Mehrwert entsteht.

Einfach ausgedrückt: Verschiedene Bauzonen haben unterschiedliche Bodenwerte. So würde z. B. ein Grundstück, welches in die Kernzone umgezont wird, einen Mehrwert bedeuten.
Auch wenn Industrieland in Wohnzone aufgewertet wird, bedeutet das einen Mehrwert.
Dasselbe gilt für Aufzonungen.
Abgabepflichtig für den Mehrwert ist der Grundeigentümer, respektive die Grundeigentümerin. Das heisst, sofern ein Grundstück durch die neue Nutzungsplanung einen Mehrwert erfährt, kommt auf den GrundeigentümerIn eine Mehrwertabgabe zu, sobald das Grundstück bebaut oder verkauft wird.

Gesetzliche Grundlagen dafür sind u. a. :
Nach Artikel 5 des Raumplanungsgesetztes (RPG) sind künftig Planungsvorteile mit einem Satz von mind. 20% auszugleichen. Dieser Ausgleich wird bei der Überbauung des Grundstücks oder bei dessen Veräusserung fällig.

Auf Grundlage des RPG, Artikel 5, ist das Planungsausgleichsgesetz (PAG), Gesetz über den Ausgleich raumplanungsbedingter Vor- und Nachteile, entstanden. Das PAG soll den Ausgleich von erheblichen Vor- und Nachteilen regeln, welche Grundeigentümern und Grundeigentümerinnen aufgrund raumplanerischer Massnahmen entstehen. Raumplanerische Massnahmen wären Umzonungen (z. B. von landwirtschaftlicher Zone in Wohnzone oder Umzonung in Kernzone, etc.) sowie Aufzonungen.

Bei Aufzonungen wird also neu eine Mehrwertabgabe fällig, da eine Aufzonung eine Verbesserung der Nutzungsmöglichkeit darstellt, wie etwa in Form vom einem Bonus-Geschoss.
Auch Auszonungen gehören zu den raumplanerischen Massnahmen, diese unterliegen den Bestimmungen der materiellen Enteignung.

Im neuen Planungsausgleichsgesetz stehen den Gemeinden erweiterte Möglichkeiten zur Abschöpfung von Mehrwerten zur Verfügung. Die Gemeinden können u. a. die Abgabesätze erhöhen und die Abgabetatbestände erweitern.

Auszüge aus Planungsausgleichsgesetz (31.01.2018)
§5
1 Der Ausgleich erfasst die Mehrwerte bei neu einer Bauzone zugewiesenem Boden
2 Die Vorteile aus Umzonungen von Arbeits-, Dienstleistungs- , Gewerbe- und Industriezonen, Zonen für öffentliche Bauten und Anlagen, Weiler und landwirtschaftlichen Kernzonen sowie analogen kommunalen Bauzonen in Wohn- oder Kernzonen sind ebenfalls auszugleichen.
§ 13
2 Die Abgabeerträge aus Einzonungen von kommunaler Bedeutung, aus Umzonungen und
Aufzonungen sowie die Anteile über 20% aus den übrigen Einzonungen fliessen an die Einwohnergemeinden. Die übrigen Erträge gelangen zweckgebunden an den Kanton.
§ 11 Grundpfandrecht
Für die Ausgleichsabgabe besteht am betroffenen Grundstück ein gesetzliches Pfandrecht…
Für weitergehende Informationen siehe Gesetz PAG